Das Kooperationsplus

Das Kooperationsplus

Es ist immer wieder das Selbe. Ich möchte über etwas schreiben das in mir so klar und deutlich ist, so wichtig und bedeutsam, dass es kaum auszuhalten ist und verheddere mich in Recherchen, Gedanken machen und aufschieben. Warum fällt es mir eigentlich so schwer über meine tiefen Überzeugungen zu schreiben?

Vielleicht weil ich das Gefühl habe dann angreifbar zu werden, wenn ich zu „laut“ meine Meinung sage. Vielleicht schrecken mich die vielen Beispiele ab die ich wahrnehme – die Wucht mit der oft Kontra gegeben wird in dieser digitalisierten „Streitkultur“.

Aber jetzt nehme ich Anlauf. Jetzt möchte ich mit etwas Sichtbar werden, dass mich schon lange „gefühlt“ und seit dem Frühjahr 2020 „konkret“ beschäftigt.

 

Ich bin beim Lesen von Marc Elsbergs „Gier“ über das mathematische Prinzip des „Kooperationsplus“ gestolpert und habe angefangen zu recherchieren. Es beweist im Modell, dass Kooperation zu mehr Wohlstand führt anstatt, wie allgemein angenommen, zu einem Verlust dessen.

Das Buch ist für die breite Masse geschrieben und hier und da für meinen Geschmack etwas zu reißerisch – aber das Kernthema und die Fragen die er stellt finde ich extrem wichtig. Umso besser, wenn die Geschichte, in die das Thema verpackt ist, möglichst massentauglich geschrieben ist. Je mehr davon erfahren, desto besser!

 

In der Wirtschaft und auch gesamtgesellschaftlich scheint es ausschließlich um die Nutzenmaximierung des Einzelnen zu gehen. Und der Verdacht drängt sich auf, dass das die einzige Erfolgsstrategie sein könnte.

Alles für sich behalten (Wissen, Arbeitskraft, Ertrag, …). Uneingeschränkter Wettbewerb, so die einhellige Meinung, führt zu mehr Wachstum und Wohlstand. Mit anderen zusammen zu legen und zu teilen ist zwar irgendwie nett, solidarisch und sozial – das war‘s dann aber auch schon.

Wachstum

Wir haben gelernt: um jemandem etwas geben zu können, müssen wir es jemand anderem wegnehmen (Umverteilung).

Das Leben – irgendwie ein Nullsummenspiel.

 

Und so kochen wir alle unser eigenes Süppchen. In meiner jetzt 10-jährigen Selbstständigkeit stelle ich das immer wieder fest. Meine Anläufe und Angebote mit „Mitbewerbern“ zu kooperieren, Wissen auszutauschen, Klartext über Finanzen, Preise und Ideen zu sprechen liefen oft ins Leere bzw. haben sich als Einbahnstraße entpuppt. Mein Angebot Wissen zu teilen und Klartext zu sprechen wird gerne angenommen, die Bereitschaft den eigenen Teil beizutragen habe ich aber oft schmerzlich vermisst.

Über die Jahre habe ich mich damit arrangiert. Ich möchte mich nicht abbringen lassen von meiner Idee des ehrlichen Ideen- und Erfahrungsaustausches. Möchte nicht auf den Zug der Angst vor „Wissen abgreifen“ aufspringen und bin schöner Weise auch immer wieder positiv überrascht worden. Bin auf Menschen gestoßen die ohne Angst und ohne „so-tun-als-ob“, offen über ihre Erfolge und Niederlagen sprechen können. Denen es um das Teilen geht und nicht darum möglichst alles Wissen nur für sich zu bunkern. 

Kooperation ist eben keine Einbahnstraße.

Die Fähigkeit bereitwillig nehmen zu können reicht nicht aus. Es braucht beides – das Eigene hineingeben und das Teilen damit möglichst alle davon profitieren können.

Diese Idee ist auch als „Pooling and Sharing“ bekannt.

Und dabei geht es nicht darum alle gleich zu machen. Sondern es schafft viel mehr bessere Chancen für Verschiedene. Kooperation profitiert immer von Vielfalt und Vielfalt profitiert von Kooperation. Sie lebt von Individualität, von der Freiheit, Dinge anders zu machen.

Aber ich greife vor…

Beim Kooperationsplus geht es um Ergebnisse einer Forschung von Ole Peters und seinem Team vom London Mathematical Laboratory (http://lml.org.uk/research/economics/).

Es ist der mathematische Beweis dafür, dass das Zusammenlegen und Teilen von z.B. Ressourcen, Wissen und Ertrag das individuelle Wachstum beschleunigt. Und das, ohne die Produktivität zu erhöhen (die klassische Wachstumserklärung) und ohne eine Steigerung der individuellen Wachstumsraten.

Ich spare mir jetzt die Ausführung und verlinke ein Erklärvideo…

Die Bauernfabel wurde in Zusammenarbeit von Marc Elsberg u.a. mit dem LML entwickelt und zeigt modellhaft zu welchen Ergebnissen alle Berechnungen kommen. (https://www.farmersfable.org)

Wenn man es genau nimmt, vereint das Prinzip das Beste zweier Welten. Individualität, Freiheit und Besitz auf der einen Seite, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Gemeinschaftswohl auf der anderen. Es beweist sogar, dass sie einander bedingen.

Und damit komme ich zurück zu der Aussage, dass Kooperation und Vielfalt einander bedingen, denn es hat nichts mit den Ideen z.B. des Kommunismus zutun.

Bei Kooperation geht es nicht um Gleichmacherei.

Freiheit und Individualität sind die Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Kooperation. Nur so können alle ihre individuellen Stärken und Möglichkeiten im Sinne einer gemeinsamen Wohlstandssteigerung einbringen. Übrigens verbunden mit der Idee der Langfristigkeit anstelle der kurzfristigen Maximierung von Wachstum.

Matthias Sutter, Direktor am Max-Planck-Institut, analysierte, warum das Prinzip aus der Bauernfabel bei Bill und Ann funktioniert und fand vier Faktoren:

Sie kommunizieren miteinander, sie können sich aufeinander verlassen, sie haben eine Zukunft und es gibt verbindliche Gesetze, die notfalls greifen.

In meiner Arbeit mit Unternehmen, Abteilungen und Teams aller Art gebe ich immer wieder Raum um Kooperation auszuprobieren und neue Verhaltensweisen zu erproben. Die Gruppen haben innerhalb meiner Angebote oft ein klares Gefühl für den Mehrwert von Kooperation, für das „Plus“ des alternativen Miteinanders. Finden, in der von mir kreierten Situation, neue Lösungen und Strategien für das gemeinsame Arbeiten.

Und dann…kommt das große ABER.

Aber bei uns geht das nicht. Aber bei uns würden niemals alle mitziehen. Aber die Führungsetage. Aber…

Denn das Wissen darum reicht nicht. Die Evolution und jetzt auch der mathematische Beweis zeigen, dass Kooperation vorteilhaft ist. Nur muss der Mensch diese Erfahrung auch machen und Vertrauen haben.

Im Idealfall würde der Grundstein für kooperatives Verhalten bereits im Kindergarten gelegt werden um im Laufe unseres Lebens viele positive Erfahrungen sammeln zu können – um Vertrauen zu lernen – damit wir die Veränderung in der Welt sein können, die wir uns wünschen.

Wenn eine Abteilung, ein Team, ein Unternehmen allein versucht einen Unterscheid zu machen ist es umso schwieriger dabei zu bleiben – dem „Druck“ der Ellenbogengesellschaft nicht nachzugeben.

Es gibt diese Beispiele, es gibt die Gruppen und Menschen mit dem langen Atem die mit neuen Ideen, mit viel Energie und Tatendrang voran gehen. Die ihrem intuitiven Gefühl trauen, dass Kooperation mehr ist als nur irgendwie nett, solidarisch und sozial.

Die sich von den Trittbrettfahrern nicht abbringen lassen die gerne von der Kooperationsbereitschaft anderer profitieren, aber ihren Teil ungerne beisteuern. 

Menschen, die nicht immer alles aufrechnen, die immer wieder bereit sind ihren Teil beizusteuern, die sich nicht entmutigen lassen.

Ich mag die Idee, dass sich dieser Paradigmenwechsel irgendwann vollziehen kann. Das wir irgendwann genug sind die umkehren wollen, die sich nicht mehr reinziehen lassen in das Gegeneinander, in das Gleich-machen.

Wir wissen über dieses „Plus“ längst Bescheid– tief in uns. Darum schließen wir uns in Familien, Freundschaften, Nachbarschaften und Wohnprojekten zusammen. Darum sind uns die Menschen mit denen wir uns ehrlich und klar austauschen und auf die wir uns verlassen können, so wichtig. Wir finden Regeln und Absprachen miteinander um uns gemeinsam eine lebbare Zukunft zu erbauen.

Kommt eine dieser 4 Säulen ins Wanken, scheitert über kurz oder lang dieser Versuch – und doch lassen wir uns nicht aufhalten und versuchen es wieder und wieder.

Warum also nicht größer denken? Warum nicht Anlauf nehmen und groß träumen?

Das innere Gefühl haben wir längst und den mathematischen Beweis jetzt auch. Also können wir jetzt anfangen und gemeinsam mehr erreichen.   Das das alles noch ein langer Weg sein könnte zeigen die momentanen gesellschaftlichen Entwicklungen.

Aber immer dann, wenn eine alte Ordnung ins Wanken gerät entstehen Lücken in denen sich Neues ausbreiten kann.

Ich bin eine die gerne groß träumt, die sich von „das war doch schon immer so“ ungerne aufhalten lässt und die einfach mal los rennt und macht. Und ich habe Menschen getroffen die im kleinen und großen schon längst darauf vertrauen, dass wir immer davon profitieren, wenn wir bereit sind zu geben und zu teilen.

Das stimmt mich optimistisch!

Und um meiner zweiflerischen Stimme noch Gehör zu verschaffen: Sicher habe ich an der ein oder anderen Stelle etwas nicht ganz korrekt oder gänzlich wiedergegeben. Aber wenn es Euch interessiert findet ihr in Windeseile alle Informationen die Euch noch fehlen.

 

Ich freue mich auf Eure Kommentare und Gedanken.

Danke fürs Lesen! Passt gut auf einander auf!

Danke fürs Lesen! Passt gut auf einander auf!

Kategorie:In eigener Sache

Hallo, ich bin Mona, selbstständige Team- und Outdoortrainerin, Inklusionscoach und Erlebnispädagogin. Ich wohne in Bielefeld und konzipiere, plane und leite seid 2011 überregional Trainings, Fortbildungen und Events. Mich begeistern Menschen, draußen sein, neue Erfahrungen und methodenübergreifendes Arbeiten.

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